Na klar, notwendigerweise.
Rivalisierende Gerechtigkeitstheorien schließen einander aus.
Ein relativ unstrittiges Prinzip ist die Verfahrensgerechtigkeit, da sie auf anderer Aspekte als Chancen- oder Leistungsgerechtigkeit abzielt.
Alle anderen Gerechtigkeitsvorstellungen rivalisieren.
Angesichts der bisherigen sehr guten Antworten nur ein paar Ergänzungen:
Chancengerechtigkeit fordert, dass Menschen unabhängig ihrer Herkunft gleiche Chancen haben. Das ist ein Prinzip, das von gleichen Möglichkeiten ausgeht. Faktisch haben aber Menschen aufgrund verschiedener Determinanten unterschiedliche Ausgangspunkte, die durch die Chancengerechtigkeit nicht ausgeglichen werden.
Ergebnisgerechtigkeit und Bedarfsgerechtigkeit sind relativ klar, beide stehen in Konkurrenz zur Leistungs- und Chancengerechtigkeit.
Auch innerhalb der von Dir genannten Kategorien gibt es Varianten , die einander ausschließen. Was ist Leistung? Die objektive Leistung oder die subjektive Leistung? Wer leistet mehr: Der 'Gesunde', dessen Werk mehr Ertrag bringt als der 'Behinderte', der weniger bewirkt, aber sich mehr reinhängt?
Oder Chancengerechtigkeit: Was fließt in die Berechnung ein? Einige Menschen haben schlechtere finanzielle Voraussetzungen, sie scheuen daher das Risiko eines Studiums. Soweit die klassische Chancengerechtigkeit. Was aber ist mit Menschen mit Behinderungen, charakterlichen oder intellektuellen oder psychischen Einschränkungen? Hat ein depressiver Mensch die gleichen Chancen wie ein 'gesunder'? Ist es eine Frage der Gerechtigkeit, ob körperliche oder andere durch von Geburt an bestehenden Defizite ausgeglichen werden müssen?
Wie steht es um die Marktwirtschaft, Angebot und Nachfrage regulieren den Preis: Leistet Klose oder Neuer mehr als ein exzellenter Chirurg, der weit weniger verdient?
Aber die Tatsache, dass die unterschiedlichen Gerechtigkeitstheorien miteinander nicht in Einklang zu bringen sind, ist nur ein Problem der Gerechtigkeit: Ist Gerechtigkeit alles? Was ist mit Gnade oder Fairness? Was ist mit konkurrierenden Gütern wie Freiheit, glück für die größtmögliche Zahl oder Menschlichkeit?
Kurz: Mit dem Kampfbegriff der Gerechtigkeit lassen sich völlig unvereinbare Gesellschaftsentwürfe veteidigen. Zu bedenken ist, dass dabei der Gerechtigkeitsbegriff gelegentlich instrumentalisiert wird (wenn einer völlig unethisch motivierten Forderung der Deckmantel der Gerechtigkeit verliehen wird), und dass zu respektieren ist, dass es völlig gegenteilige Auffassungen von Gerechtigkeit gibt, die von Gegner nicht als unethisch und ungerecht postuliert werden sollten. Auch wenn wir konträre Gerechtigkeitskonzeptionen haben sollten, wäre es unredlich, dem Anderen ein Gerechtigkeitsempfinden abzusprechen.
Und: Gerechtigkeitstheorien haben im Laufe der Geschichte an Umfang zugenommen. Denn es zeigt sich, dass fast jedes Gerechtigkeitsprinzip in der Anwendung zu ungerechten Einzelfällen führen kann. Auch derzeitige Gerechtigkeitstheorien, die z. T. eine Kombination aus den von Dir aufgeführten Dimensionen sozialer Gerechtigkeit darstellen (wie z. B. von Rawls), können einige Widersprüche nicht auflösen.